Fynn Koenen – aus der Halle zum Big Air

Aus der Halle zum Big Air – Pro Snowboarder Fynn Koenen

Seit dieser Saison dürfen wir ein neues Mitglied im Warehouse One Pro Team begrüßen. Die Rede ist von Fynn Koenen.
Fynn ist Snowboarder, genauer gesagt, Big Air Snowboarder. Das ist die Sorte Snowboarder, die sich steile Rampen runterstürzen, um am Ende mit wahnsinniger Geschwindigkeit über riesige Kicker zu springen und nach unzähligen Drehungen, Saltos und Grabs, sofern es gut geht, sicher in der Ausfahrt landen. Neben dem Slalom Rennen und dem Slope Style, ist Big Air eine Disziplin, die in unzähligen Wettkämpfen und World Cups auch bei Olympia ausgetragen wird.

Fynn gilt als noch recht junges Talent und das besondere neben seiner Person und seinem Charanter ist seine Herkunft. Die meisten Pro Snowboarder, vor allem, die sich über überdemensionale Kicker schmeißen, kommen aus den Bergen. Doch Fynns wurzeln liegen im flachen und selbst im tiefsten Winter kaum verschneiten NRW. Auch wenn er mit seinen Eltern häufig im Winterurlaub war, hat er die meiste Zeit in Skihallen verbacht und genau hier liegt die Besonderheit – vom Hallenkind zum Big Air Pro!

Wir haben uns daher gedacht, wir  lassen Fynn sich selbst in einem Interview vorstellen und ein paar Geschichten aus dem Alltag eines Pro Snowboarders erzählen.

Viel Spaß mit dem Interview!

INTERVIEW

Hi Fynn, alles klar bei dir? Du warst ja nun seit beginn der Winter Season viel unterwegs, daher sehr cool, dass das mit dem Interview geklappt hat. Ich würde sagen, stell dich doch einfach mal in zwei Sätzen vor.

Hi Rene! Ich bin Fynn, 22 Jahre alt und ich bin professioneller Snowboarder.

Wie lange fährst du schon Snowboard und wie bist du zu dem Sport gekommen?

Ich fahre seitdem ich 10 bin Snowboard und seitdem ich 12 bin Freestyle Snowboard. Wie ich zum Snowboarding gekommen ist eine längere Geschichte. Ich kürze sie mal ab. Ich war immer mit meinen Eltern im Skiurlaub und irgendwann habe ich gesagt, dass mir Skifahren zu langweilig ist und ich snowboarden möchte. Meine Eltern haben das damals aber nicht erlaubt. Sie sagten, dass es zu gefährlich sei. Mit 10 Jahren bin ich dann einfach in einen Snowboardverleih gegangen und hab mir ein Snowboard ausgeliehen, ohne dass sie es wussten. Dann konnten sie eigentlich nichts mehr sagen. Ach ja, sie meinten auch immer, dass es so kleine Snowboards gar nicht geben würde. Haben mich also voll angelogen. Ich wollte es aber unbedingt ausprobieren und dann hat mein Papa gemeint: “ Ja gut, dann lassen wir ihn halt zwei Stunden snowboarden. Danach hat er eh keine Lust mehr, weil er die ganze Zeit nur auf dem Popo sitzt. “ Nach zwei Stunden war ich aber schon so gut, dass ich kaum mehr gefallen bin und ab dem Moment, bin ich dann nur noch Snowboard gefahren.

Deine Eltern fanden Snowboarden zu gefährlich? Schon ein bisschen ironisch, dass du heute an Big Air Events teilnimmst. Wie kam es denn dazu, dass du von der Piste in den Park bist bzw. auf die Idee kamst, dich über riesige Kicker zu schmeißen?

Snowboarden auf der Piste wurde mir auch wieder zu langweilig und da habe ich meine Eltern gefragt, ob ich nicht mal einen Freestyle Lehrer haben kann. Mein Vater hat mir dann einen besorgt und mit dem bin ich eine Stunde gefahren. Der meinte direkt, dass ich wohl voll das Talent hätte und man daraus was machen sollte. Außerdem sollten mich meine Eltern zu so einem Sichtungslehrgang schicken. Das war vom Deutschen Snowboard Verband. Wir haben dort ein Video hingeschickt und die meinten, dass ich mal vorbei schauen soll. Bei so einem Freestyle Lehrgang haben sie mich dann beobachtet und wollten mich anschließend fördern. Am Anfang waren das erst so kleine Trainignseinheiten und Wettkämpfe mit dem Team „Shred Masters“ und später ging es irgendwann an die richtigen Disziplinen, wie Big Air und Slope Style. Da bin ich dann dran geblieben, hab mich durchgekämpft und joa, was soll ich sagen, so ging das Ganze los. An der Stelle auch noch mal vielen Dank für den Support and die Jungs und Mädels vom Team Shred Masters.

Ja nice! Was ein Glück, dass deine Eltern dich dann doch haben Snowboarden lassen.

Ja voll!

Wie sieht es auf der Seite der Industrie aus? Welche Supporter hast du, für welche Sponsoren bist du unterwegs?

Aktuell fahre ich für Burton, Warehouse One und von meinem Papa kriege ich auch extrem viel Support. Und dann ist da noch der Skiclub. Ich bin mega dankbar für alles was ich bekomme und  für alle, die mich unterstützen. Ich bin einfach mega Happy mit dem was ich aktuell habe.

Die Namen sind ja nun nicht die kleinsten in der Szene, kann sich also sehen lassen. Welches Set Up fährst du gerade?

Aktuell fahre ich das Burton Custom Board mit der Burton Cartel X Bindung und den Burton ION Boots. Für mich das perfekte Set Up, ich komm mega damit zurecht und würde es aktuell auch nicht eintauschen wollen.

Klingt nach einem soliden Set Up. Vor allem das Board sollte den meisten Snowboardern ein Begriff sein. Du hast bereits deine eigene Signature Goggle. Wie kam es dazu?

Das ich meine eigene Signature Goggle bekommen habe, war die Idee von Warehouse One. Die kamen auf mich zu und haben mich gefragt, ob ich nicht Bock hätte mit denen zusammen meine eigene Goggle zu kreieren. Die Frage stellte sich für mich natürlich nicht und ich  habe direkt zugesagt. Ich habe mir dann einfach ein paar Gedanken gemacht wie der Strap aussehen könnte, habe ein paar Designs erstellt und mich auf eins festgelegt. Das habe ich dann an Warehouse One geschickt und die sagten direkt, passt machen wir so! Joa und so kam es dazu, dass man meine eigene Goggle mit meinem Design bei Warehouse One kaufen kann.

Wie viel Zeit investierst du in Snowboarding?

Oh, ehm, gute Frage… wahrscheinlich zu viel… (Fynn lacht) Nee quatsch! Also ich habe meistens drei mal pro Woche Snowboard Training, zwei mal pro Woche Fitnesstraining und dann noch die Wettkämpfe. Ich denke, dass ich so 180 Tage im Jahr auf dem Snowboard stehe.  Was auch echt viel ist und auch viel Zeit in Anspruch nimmt, aber es ist halt meine Leidenschaft und darin investiere ich echt gerne Zeit. Wenn man was hat, was man liebt und was man gerne macht, dann macht es einem nichts aus.

Das kann ich nachvollziehen. Wenn es das ist, was du am liebsten machst, warum dann nicht so viel Zeit wie möglich damit verbringen?! Wie sieht das denn im Sommer aus? Wie hältst du dich fit oder was machst du neben dem Snowboarden noch für Sportarten?

Im Sommer haben wir meisten 6 Wochen Aufbautraining, also Fitness und sowas. Dazu bin ich viel in der Halle unterwegs und verbringe viel Zeit in Landgraaf im Funpark und trainiere dort. Außerdem haben wir auch Air Bag Training, also ein Kicker mit einem dicken Luftkissen dahinter. Hier trainieren wir im Sommer die Tricks, die wir im Winter auf den Schnee bringen wollen. Joa, was mach ich noch… Ich geh ab und zu mal Wakeboarden und ich Skate recht gerne. Das ein oder andere mal sieht man mich auch auf dem Surfboard. Ach so, Trampolinspringen gehe ich auch recht häufig.

Das hört sich nach einem übertrieben vollen Zeitplan an. Aber gut, du musst fit bleiben und natürlich auch den Sommer nutzen, um dich weiter zu entwickeln und neue Tricks zu lernen. Was ist denn dein Favourite Trick?

Ich habe eigentlich gar keinen so richtigen Lieblingstrick. Aber wenn du mich so fragst, ist es der Frontside 14. Bei dem Trick geht mir am meisten der Puls hoch. Wenn ich oben stehe, merke ich wie das Adrenalin steigt. Für mich macht es genau das aus, diese Suche nach Adrenalin und daher würde ich sagen der Frontside 14 ist mein „Favourite“ Trick.

Also bist du auch so ein richtiger Adrenalin Junky? Aber wie du schon sagst, das gehört beim Fun- und Extremsport einfach dazu. Gibt es Snowboarder oder generell Menschen, die dich inspiriert haben oder dich auch heute noch inspirieren?

Meine größe Inspiration war Mark McMorris und ist auch heute noch meine größte Inspiration. Wie er sich immer, egal wie es ist, zurück gekämpft hat, egal welche Verletzung er hatte, er immer wieder zu dem Punkt zurück gekommen ist, dass er Gold geholt hat und vor allem, wie er es gemacht hat. Also das Mindset dahinter, wenn er mal einen Run nicht gestanden hat, hat er  immer weiter gemacht und hat bewiesen, das er stark ist. Das ist die Inspiration die ich darin sehe, dieses Hinfallen, aber immer wieder Aufstehen und weiter machen. Das ist halt das Life im Snowboarden und auch für mich unfassbar wichtig.

Da bin ich absolut bei dir. Immer wieder Aufstehen und weitermachen, es erneut probieren und so lange dran bleiben, bis es klappt und sich nicht von sich selbst oder seinen Niederladen runterbringen lassen. Wie sieht es denn auf Seiten deiner Familie aus, wie ist der Support Zuhause?

Von Anfang an hatte ich meine Familie auf meiner Seite, vor allem meinen Papa. Er war selber im Leistungssport tätig und hat gesagt:“ Wenn du das liebst, dann zieh es durch.“  Auch in den Momenten nach einem Sturz oder wenn ich mich verletzt habe, was gebrochen habe, sagten sie: „Wenn du es liebst, dann gib es nicht auf.“ Aber genau das ist es auch was Eltern machen müssen… wenn ein Kind etwas liebt, dann müssen sie es Supporten. Ich bin da auch mega dankbar, dass mir meine Eltern eine so teure und zeitintensive Leidenschaft ermöglichen. Das kann ich auch mit nichts zurückgeben, was sie da für mich geben. Es gibt eigentlich keine größeren Supporter, als die eigenen Familie, für mich auf jeden Fall.

Da kannst du dich sehr glücklich schätzen, dass du eine solche Familie hast. Ich kenne dich ja nun auch schon ein bisschen und glaube auch, dass du dafür wirklich dankbar bist und das du das nicht als Selbstverständlichkeit siehst. Was macht Snowboarden für dich aus? Was gibt dir das Snowboarden?

Für mich ist Snowboarden eine Lebenserfahrung. Das ganze Reisen, die Leute kennenlernen, die ganzen Erfarhungen sammeln… überall wo ich hingehe,  wen ich kennenlernen darf – das ist einfach mega. Snowboarden gibt mir Freiheit. Wenn man mit seinen Freunden unterwegs ist und Spaß hat, aber auch die Wettkämpfe. Dieses Adrenalin, dieser Fokus den du hast und an nichts anderes denkst, als den Moment. Du gehst da rein, konzentrierst dich auf nichts anderes und bist komplett in deinem Film. Klar hat man auch Druck und so, aber darüber denke ich in dem Moment nicht nach, wenn ich da hoch gehe. Das da Zuschauer sind, das da eine Jury ist, dass Blende ich komplett aus. Ich mache da einfach mein Ding, bin da in meiner eigenen Welt und mache worauf ich Bock habe. Ich kann das nicht genau beschreiben, aber alles andere wird zweitrangig. Du hast keine Problem, lebst einfach in dem Moment und genießt die Freiheit.

Ich sehe, Snwoboarden ist für dich bei weitem kein Job, sondern einfach dein Leben, deine Leidenschaft. Sehr geil, dass du das so für dich gefunden hast.

Ich liebe es und ich lebe dafür!

Wenn du so von den Erfahrungen, den Orten, den Menschen sprichst, was war dein krassestes Erlebnis?

Mein krassestes Erlebnis war, als ich Deutscher Meister geworden bin und natürlich meine ersten Weltcup Teilnahmen. Dieses Gefühl als ich da oben stand, dass ich so weit gekommen bin, die Leute die mich supportet haben, dass ich da bin wo ich bin und dieses Erlebnis gerade haben zu können, war unbeschreiblich. Dazu  noch all das drum herum war einfach überwältigend.

Was war dein größter Erfolg?

Mein größter Erfolg beim Snowboarden ist eigentlich das wo ich gerade überhaupt stehe. Ich kann Erfolg nicht so ausdrücken. Also jede Kleinigkeit ist ein Erfolg, jeder Trick ist ein Erfolg. Natürlich gibt es Wettkämpfe, wo man sagt, das war gerade echt krass und da kann man auch stolz drauf sein. Aber für mich ist Erfolg das, wo ich gerade stehe. Für mich ist es nicht irgendein Wettkampf oder das ich einer der TOP 100 Snowboarder der Welt bin, sondern der Weg dorthin ist für mich mein größter Erfolg und das ist das Schöne.

Das ist eine schöne Sicht auf die Dinge. Vor allem mit deinen 22 Jahren ein solches Mindeset zu haben und eben nicht die Platzierungen an erster Stelle zu setzen, finde ich bemerkenswert.
Du hast es ja angesprochen, du warst beim World Cup in Beijing… Erzähl!

Ja genau. Es war super cool! Auch wenn meine Boardbag zunächst nicht da war, als wir gelandet sind. Stehste da, bereit für den World Cup und deine gesamte Ausrüstung fehlt. Zun Glück ist sie aber noch rechtzeitig angekommen. Wir sind dann erstmal ein wenig gereist. Die Menschen waren super freundlich, aber Beijing ist eine komplett andere Welt.  Dazu kam dann auf dem Big Air zu stehen, wo Olympia stattgefunden hat. Das war legendär. Und dann auch dort vor dieser großen Zahl an Zuschauern rein zu droppen, war einfach krass. Ich bin mit mir auch mega zufrieden, auch wenn ich das Finale nicht erreicht habe. Das Teilnehmerfeld war unfassbar stark und meine Sprünge waren nicht perfekt. Aber das muss ich dann auch so akzeptieren. Für mich war es dennoch ein absoluter Erfolg. Man muss sich das so vorstellen – vom Hallenkind zum World Cup nach Beijing, das schaffen nicht viele. Von daher war es für mich ein Gewinn.

Wie fandest du das Essen dort?

Es war speziell aber mega lecker!

Ich kam noch nicht in den Genuss China zu bereisen, aber vor allem beim Thema Essen trifft es meine Vorstellung. Wird schon schmecken, wird aber sicherlich gewöhnungsbedürftig sein.
Wie sieht denn deine Zukunft aus? Wo soll die Reise hingen?

Generell wäre ich damit cool wenn alles so weiterläuft. Ich möchte Reisen, an Wettkämppfen teilnehmen, geile Videoprojekte umsetzen und einfach weiterhin eine gute Zeit haben. Die Reise kann für mich überall hingehen. Hauptsache ich kann weiter Snowboarden.

Du hast es angesprochen, deine Wurzeln sind die Halle, da wir hier in NRW nur wenige Berge und noch weniger Schnee haben. Willst du in die Berge ziehen oder bleibst du dem westlichen Flachland treu?

Generell kann ich mir schon vorstellen direkt in den Bergen zu wohnen, aber konkrete Pläne habe ich dahingehend nicht.

Abschließend noch die Frage: Was wäre dein Traum aktuell? Was willst du auf Wettkampfebene erreichen?

Aktuell wäre mein größter Traum bei Olympia teilzunehmen. Das wäre auf jeden Fall ein krasses Erlebnis, wo ich gerne dabei sein würde.

Das klingt doch nach einem hervorragendem Ziel. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg und drücke dir die Daumen, dass dein Traum in Erfüllung geht.
Ich danke dir für deine Zeit und die interessanten Antworten. Mir hat es auf jeden Fall Spaß gemacht! Alles gute auf deinem Weg!

Hey ja, voll! Ich fands auch mega nice und auch mega lieb, dass du die Zeit gefunden hast, mit mir das Interview zu machen. Ich sage immer, der Weg ist das Ziel und ich hoffe, dass der Weg immer so weiter geht.
Dankeschön!